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Angleichung des Rentenwerts

Angleichung des Rentenwerts

 

Dann hat Frau Schewe-Gerigk für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

 

Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

 

Ich kann das Ganze vielleicht erklären. Wir hatten ein anderes Verfahren gewählt. Wir hatten uns darauf verständigt, dass alle Reden zu diesem Tagesordnungspunkt zu Protokoll gegeben werden. Herr Gysi, Sie haben aber darauf bestanden, hier zu reden. Wenn Sie allerdings die Kolleginnen und Kollegen, die hier sind, beschimpfen und sagen, wir seien daran schuld, dass über Ihren Antrag zu diesem späten Zeitpunkt diskutiert werde,

 

(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Unmöglich!)

 

dann muss ich Ihnen sagen, dass Ihre Fraktion Ihre Rede zu diesem Zeitpunkt auf die Tagesordnung gesetzt hat, nicht die anderen.

 

(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Um Ihnen dieses Spiel nicht durchgehen zu lassen, werde ich meine Rede jetzt halten. Ich werde sie kürzen, damit wir das alles hinbekommen.

 

Wir, die Grünen, sehen ebenfalls einen erheblichen Nachbesserungsbedarf in der Rentenpolitik zur Vermeidung von Armut im Alter. Anlass unserer Einschätzung sind die Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt, die wir seit Beginn der 90er-Jahre erleben. Sie wirken sich natürlich besonders dramatisch in den ostdeutschen Bundesländern aus. Eine Anpassung der Rentenpolitik an die veränderten Erwerbsverläufe und Familienformen ist absolut überfällig. Die vorhandene Grundsicherung im Alter, auf die stets verwiesen wird, ist für uns keine Lösung; denn wer seine Arbeitskraft ein Leben lang zur Verfügung gestellt hat, muss ein Einkommen oberhalb der Bedürftigkeit erzielen können.

 

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

 

Die lustlose Beantwortung unserer Frage zu den Armutsrisiken im Alter verdeutlicht, dass auch das Ministerium sich mit diesem Thema nicht wirklich auseinandersetzen möchte. Dort herrscht das Prinzip "Augen zu und durch" vor.

 

Wir beraten heute Ihren Antrag "Angleichung des aktuellen Rentenwerts (Ost) an den aktuellen Rentenwert". Sie fordern in diesem Antrag eine doppelte Angleichung, Herr Gysi. Was das bedeutet, möchte ich diesem Hohen Hause einmal deutlich machen: Sie wollen eine Höherbewertung der Einkommen in Ostdeutschland beibehalten; spätestens 2012 soll es in Ost und West einen einheitlichen Rentenwert geben. Die Bundesregierung geht in ihren Rentenberichten davon aus, dass erst im Jahre 2030 eine Angleichung der Rentenwerte möglich ist. Auch wir finden diese Situation problematisch; denn 17 Jahre nach Vollendung der deutschen Einheit sind unterschiedliche Rentenwerte nicht mehr vermittelbar.

 

(Beifall bei der LINKEN)

 

- Jetzt hört es gleich auf mit den Gemeinsamkeiten.

 

Im Unterschied zur Linksfraktion wollen wir Grünen bei der doppelten Hochwertung nicht mit der Gießkanne vorgehen. Die Linke will ohne Berücksichtigung des Einkommensniveaus eine doppelte Begünstigung in den neuen Ländern erreichen. Damit wird das zukünftige Rentenniveau in den neuen Ländern vollständig losgelöst vom Einkommen und der Entwicklung der Produktivität.

 

Durch die Umsetzung dieses Vorschlags würden - das ist noch wichtiger - neue Formen von Ungerechtigkeit erzeugt, Herr Gysi: Beispielsweise würde der ehemalige Mitarbeiter der Stasi, der bereits beruflich begünstigt wurde und der auch noch eine Zusatzrente bekommt, wenn ihm keine Menschenrechtsverletzung nachgewiesen werden konnte, ein besonders sattes Alterseinkommen erhalten.

 

(Daniel Bahr [Münster] [FDP]: Aha! Hört! Hört! - Christian Freiherr von Stetten [CDU/ CSU]: Das ist ja interessant!)

 

Ich glaube, das würden auch weniger begünstigte Rentner und Rentnerinnen aus den neuen Ländern überhaupt nicht verstehen.

 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Das ist nicht gerecht.

 

Ich weiß auch nicht, wie man das begründen kann. Ich wüsste zum Beispiel nicht, wie ich einer Verkäuferin aus Recklinghausen vermitteln sollte, dass jemand mit einem mittleren oder hohen Einkommen in Dresden derart aus Steuermitteln begünstigt werden soll, während sie nur eine Minirente erhält, die sie mit ihrem kleinen Einkommen selbst erarbeitet hat.

 

Vorausgesetzt die Zahlen aus dem Verdi-Konzept zur Anpassung des Rentenwerts sind richtig, werden zur Umsetzung Ihres Vorschlags in der letzten Stufe 6 Milliarden Euro jährlich benötigt. Das heißt, bereits im Jahre 2012 und in den Folgejahren sollen 6 Milliarden Euro Steuermittel zur Begünstigung, auch von hohen Renten, in die neuen Länder fließen, und zwar unabhängig von der Einkommensgrenze. Käme eine zukünftige Bundesregierung auf die Idee, die doppelte Hochwertung aus Mitteln der Rentenversicherung zu finanzieren, würde das bedeuten: Die Versicherten finanzieren ein zweites Mal die Folgekosten der deutschen Einheit. Solchen Vorschlägen können wir nicht zustimmen.

 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

 

Wir Grünen wollen - jetzt kommt unser Vorschlag - eine absehbare Anpassung der Rentenwerte Ost und West; da sind wir ganz bei Ihnen. Wir wollen aber eine gezielte Hochwertung von kleinen Einkommen, unabhängig von der geografischen Lage des Wohnorts.

 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Frank Spieth [DIE LINKE]: Wie ist denn das mit dem Grundgesetz vereinbar?)

 

Niedrige Einkommen dürfen nicht zu Armutsrenten führen. Dazu wollen wir die Entgelte aus Steuermitteln bis zu 80 Prozent eines Durchschnittswerts hochwerten. Die Begrenzung auf 80 Prozent soll eine Schlechterstellung von Versicherten verhindern, die ausschließlich eigene Beiträge entrichtet haben.

 

Vizepräsidentin Petra Pau:

 

Frau Schewe-Gerigk, Sie müssen Ihre Vorschläge auf die weiteren Beratungen verschieben.

 

Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

 

Ich danke Ihnen, Frau Präsidentin. - Ich bin fertig mit meinen Vorschlägen.

 

Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass bei kleinen Beiträgen Hochwertungen möglich sind, dass man aber die Rente von Personen, die 3 000 Euro verdienen, über eine Hochwertung nicht noch zusätzlich aufwerten muss.

 

Vielen Dank.

 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Volker Beck [Köln] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die PDS kümmert sich nur um die Besserverdienenden in Ostdeutschland!)

 

 

 



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