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Beitragsfreie Zeit

Rede zu TOP 17 vom 11.10.07

zum Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Förderung der betrieblichen Altersversorgung BT-Drs. 16/6539 und

zum Antrag der BÜNDNISGRÜNEN zum Antrag „Beitragsfreie Entgeltumwandlung – Erst prüfen, dann entscheiden“, BT-Drs. 16/6606

 

Rede zu Protokoll

 

2002 wurde zeitlich befristet bis 2008, die Möglichkeit einer sozialabgabenfreien Gehaltsumwandlung eingeführt. Damit sollten vorübergehende Anreize, für eine Ausweitung der betrieblichen Altersvorsorge geschaffen werden. Versicherte und Betriebe sollten sich in dieser Zeit darauf einstellen könnten, dass mehr Eigenverantwortung zur Erreichung eines auskömmlichen Alterseinkommens erforderlich ist. Am 20.03 wurde Bundesminister Franz Müntefering im Handelsblatt mit der Bemerkung zitiert: „Um die Entgeltumwandlung zur betrieblichen Altersvorsorge auch nach dem Auslaufen der Abgabenfreiheit attraktiv zu halten, könne man über ein "Äquivalent" reden, das aber nicht zu Lasten der Sozialversicherungen gehen dürfe“. Weitere Überlegungen, wie bestimmte Versichertengruppen wie z.B. Familien mit Kindern gezielter gefördert werden könnten, fanden auch unsere Unterstützung.

 

Nur ein Viertel Jahr später was das alles „Schnee von gestern“. Ohne eine wirklich substanzielle Begründung verkündete Minister Müntefering, dass die beitragsfreie Entgeltumwandlung unbefristet fortgesetzt werden soll, frei nach dem Motto: „Was kümmert mich mein dummes Geschwätz von gestern“.

 

Was war geschehen?

Einfach ausgedrückt: Die Koalition und das Arbeitsministerium sind vor der geballten Macht der Lobbyisten aus Arbeitgeberverbänden, der Mehrheit des DGB und der Versicherungswirtschaft eingeknickt.

Die Ausweitung der Betriebsrenten wurde öffentlich als Erfolgsmodell verkauft. Tatsächlich sind die Erfolge der beitragsfreien Gehaltsumwandlung mit zusätzlich rd. 2,5 Millionen Verträgen seit Anfang 2002 eher mäßig. Denn schließlich haben sowohl Arbeitgeber als auch Beschäftigte Vorteile, wenn sie einen Teil ihres Gehaltes sozialabgabenfrei umwandeln und damit eine betriebliche Altersvorsorge aufbauen können.

 

Die Kehrseite der Medaille sind regelmäßige Einnahmeverluste der Sozialkassen. 2006 wurde dadurch den Sozialversicherungen Einnahmen in Höhe von 2,5 Milliarden Euro entzogen. Experten gehen von Beitragsausfällen in 2030 von fünf bis 20 Milliarden Euro jährlich aus.

Die Bundesregierung macht Geschenke an Kernbelegschaften, die sie aber nicht aus ihrer eigenen Tasche bezahlt, sondern zu Lasten der Sozialversicherten.

 

Die Senkung des Rentenniveaus infolge der unbefristeten Entgeltumwandlung hat die Bundesregierung geflissentlich ignoriert. Es wird interessant sein, wie sie die dauerhafte Senkung des gesetzlich vorgeschriebenen Niveausicherungsziels im nächsten Rentenversicherungsbericht mit Maßnahmevorschlägen ausgleichen wird. Bevor Sie dem vorliegenden Gesetzentwurf der Bundesregierung zustimmen, frage ich die Abgeordneten aus den Koalitionsfraktionen: Mit welchen Maßnahmen wird diese Regierung das sinkende Rentenniveau von Geringverdienenden und Menschen mit unsteten Erwerbsverläufen ausgleichen? Diese Gruppen sind die Verlierer Ihrer Geschenke an Kernbelegschaften. Zu den Verliererinnen zählen explizit auch Frauen.

 

Ich fasse zusammen:

 

 Der Sinneswandel der Bundesregierung ist weder nachvollziehbar noch durch detaillierte Analyse zur Alterssicherung für die verschiedenen Einkommensgruppen begründet

 Sie ignoriert nach wie vor die Gefahr von Altersarmut einzelner Bevölkerungsgruppen

 Das steigende Altersarmutsrisiko von Geringverdienenden und von Menschen mit Lücken in der Erwerbsbiographie wird vernachlässigt – trotz qualifizierter Hinweise der OECD und des Instituts für Arbeitsmarkt und Beschäftigungspolitik

 Die steigenden Steuereinnahmen werden nicht dazu genutzt, um hier gezielt Korrekturen vorzunehmen

Wenn Sie, meine Damen und Herren von der Koalition, Verbesserungen für die betriebliche Altersvorsorge erreichen wollen, müssen sie zuerst die Rahmenbedingungen verbessern.

Bündnis 90/Die Grünen werden dieser sozial unausgewogenen Maßnahme nicht zustimmen, die Frauen, Langzeitarbeitslose und Geringverdienende belastet und Gutverdienende, dauerhaft Beschäftigte belohnt.

 



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