Menü

Scheinväter: Kein Generalverdacht bei binationalen Paaren

NR. 0967 der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Datum: 26. Juli 2006

Scheinväter: Kein Generalverdacht bei binationalen Paaren

 

Zu dem Vorhaben der Bundesregierung, so genannte Scheinvaterschaften per Gesetz zu bekämpfen, erklären Irmingard Schewe-Gerigk, Parlamentarische Geschäftsführerin und frauenpolitische Sprecherin, und Josef Winkler, migrationspolitischer Sprecher:

 

Die bisherigen Äußerungen der Bundesregierung über ihre Pläne zur Bekämpfung von so genannten Scheinvaterschaften sind in ihrer populistischen Rhetorik dem Ernst der Sache unangemessen.

 

Für ein Gesetz zur Verhinderung von so genannten Scheinvaterschaften spricht aus unserer Sicht vor allem der Schutz des Kindschaftsrechts. Mit der Reform des Kindschaftsrechts hat die rot-grüne Bundesregierung 1998 die so genannte soziale Vaterschaft rechtlich abgesichert. Ihre hohe Akzeptanz darf nicht durch Fälle in Misskredit geraten, in denen zwar formal um materieller oder anderer Vorteile willen eine soziale Vaterschaft anerkannt wird, eine echte sozial-familiärer Bindung aber von Anfang an gar nicht entstehen soll.

 

Bei einem Gesetz gegen so genannte Scheinvaterschaften ist demnach große Sorgfalt geboten. Die konservative Regierung läuft Gefahr, binationale Ehen rechtlich zu diskriminieren und unter Generalverdacht zu stellen. Der unsichere Aufenthaltsstatus eines Elternteils allein darf als Indikator für die Anfechtung einer sozialen Vaterschaft nicht ausreichen. Der Anfangsverdacht muss vielmehr auf weitergehenden begründeten Zweifeln am tatsächlichen Bestehen einer behaupteten sozialen Vaterschaft basieren. Und schließlich: Die von der großen Koalition geplante Möglichkeit einer zeitlich unbefristeten behördlichen Anfechtung einer sozialen Vaterschaft wäre für das Bestehen einer sozialen Vater-Kind-Beziehung eine Katastrophe. Für die betroffenen Kinder – und um das Kindeswohl ging es ja bei der Kindschaftsrechtsreform – würde das bedeuten, ein Leben lang in steter Unsicherheit sowohl über ihre Beziehung zum Vater als auch über ihr Aufenthaltsrecht in Deutschland zu schweben.

 

Die große Koalition agiert nach wie vor auf einer völlig ungesicherten Datenbasis über das nachweisbare Ausmaß so genannter Scheinvaterschaften in Deutschland. Das entsprechende Gesetzesvorhaben dennoch auf die Prioritätenlisten ganz nach oben zu setzen, ist eine sachlich unangemessene Symbolpolitik.

 

 



zurück

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>