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Patriarchalische Rollenmuster müssen überwunden werden

NR. 0501 der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen

Datum: 13. April 2006

Patriarchalische Rollenmuster müssen überwunden werden

 

Zur Urteilsverkündung im Prozess um den Mord an Hatun Sürücü erklären Josef Winkler, migrationspolitischer Sprecher, und Irmingard Schewe-Gerigk, Parlamentarische Geschäftsführerin und frauenpolitische Sprecherin:

 

Der Ausgang des Prozesses hat gezeigt, dass die vorhandenen patriarchalischen Rollenmuster innerhalb der Familie der getöteten Hatun Sürücü nicht aufgebrochen werden konnten. Dies hat dazu geführt, dass eine Tatbeteiligung der beiden älteren Brüder durch das Gericht nicht nachgewiesen werden konnte und sie freigesprochen werden mussten. Dies entspricht unserer rechtstaatlichen Tradition.

 

Die Verhinderung von Zwangsehen und Gewalt gegen Migrantinnen kann nur in Zusammenarbeit mit den MigrantInnen-Communities erfolgreich sein. Innerhalb eines gleichberechtigten und respektvollen Dialogs müssen Frauenrechte und Schutz von Frauen vor Gewalt und Zwangsehen intensiv debattiert werden. Die Communities sind mehr denn je in der Pflicht, deutlich zu machen, dass Frauen und Männer die gleichen Rechte haben und dass Gewalt gegen Frauen und Kinder eine Menschenrechtsverletzung darstellt. Verstöße hiergegen werden nicht toleriert. Eine effektive Präventionsarbeit muss daher insbesondere auch die Jungen in den Blick nehmen: Häufig werden die Söhne zu einer einseitigen Übernahme patriarchaler Rollenmuster erzogen.

 

Die schwierige psychische Verfassung und die Furcht vor Racheakten bis hin zu Ermordungen wegen Verletzung der Familienehre halten viele betroffene Frauen und Mädchen davon ab, sich zu wehren und in die Öffentlichkeit zu treten. Der oftmals unsichere Aufenthaltsstatus der Betroffenen, Sprachbarrieren und die Unwissenheit über existierende Gesetze kommen erschwerend hinzu.

 

Verstärkte Aufklärung und Prävention gegen Zwangsverheiratung und Gewalt gegen Migrantinnen tut not. Auch wenn es wenig verlässliche Angaben zum Ausmaß erzwungener Eheschließungen gibt und vor Pauschalisierungen gewarnt werden muss, braucht es Opferschutz in jedem Einzelfall. Mit dem eigenständigen Aufenthaltsrecht für ausländische Ehegatten existiert ein ausländerrechtlicher Ansatz, dem Teufelskreis von Gewalt, Drohung und möglicher Ausweisung rechtlich zu begegnen.

 

Es müssen aber noch weitere aufenthaltsrechtliche Maßnahmen – zum Beispiel eine Ausweitung der "Rückkehroption" gestaltet werden, dass die Opfer auch tatsächlich Schutz in Anspruch nehmen können. Das wirksamste Mittel ist jedoch Aufklärung und Prävention. Im Rahmen der Maßnahmen zur Bekämpfung von häuslicher Gewalt braucht es die gezielte Information von Multiplikatoren über Zwangsverheiratung in den Bereichen von Sozialarbeit, Polizei, Justiz und Bildungseinrichtungen.

 

 

 

 

 

 



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