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Rede Frauenempfang 6.3.2007
Sehr verehrte Gäste, liebe Kolleginnen
Herzlich willkommen beim Grünen Frauenempfang.
Es ist jetzt schon ein bißchen Tradition, dass sich Frauen aus Wirtschaft und Gewerkschaften, Wissenschaft und Politik, Medien und vielen anderen Bereichen anlässlich des Internationalen Frauentags mit den Grünen Parlamentarierinnen treffen, vernetzen, Erreichtes genießen und Neues anstoßen.
Ich finde, das sollten wir so beibehalten.
Die Frauenpolitikerinnen sind ja dafür verschrien, dass sie immer nur meckern und
ihren Kollegen immer mit den gleichen „ollen Kamellen“ ankommen.
Zur Feier des Tages möchte ich es heute einmal anders angehen: Im vergangenen Jahr ist aus frauenpolitischer Sicht eine Menge Positives passiert.
Während sich Amélie Mauresmo in Wimbledon 2006 noch ärgerte, dass sie für die gleiche Leistung – den Sieg bei dem internationalen Tennisturnier schlechthin – 45.000 Euro weniger bekam als ihr Kollege Roger Federer, wird das künftig anders sein:
In Wimbledon wird es erstmals gleiche Preisgelder geben.
Und auch in der Wissenschaft tut sich etwas:
Erstmals wird die altehrwürdige Universität Harvard von einer Frau geleitet.
Frankreich hat seine erste Präsidentschaftskandidatin, und auch in den USA könnte es erstmals eine Frau schaffen, die nächste Präsidentin zu werden.
In Deutschland sorgt Angela Merkel für ein anderes Klima.
Nicht in der Umweltpolitik, das kann niemand guten Gewissens behaupten.
Aber das politische Klima ist in unserem Land hat sich verändert.
Es weht ein anderer Wind, seit weniger Machos in den allerersten Reihen die Luft für Frauen an der politischen Spitze dünn halten können.
Und das, obwohl die Kanzlerin persönlich für die Frauenpolitik keinen Finger rührt.
Nach anderthalb Regierungsjahren und etwa 100 Reden hat sie in den letzten beiden Wochen erstmals das Wort Gleichberechtigung in den Mund genommen.
Dazu bedurfte es erst des Europäischen Jahrs der Chancengleichheit und des 20jährigen Geburtstags des Frauenministeriums. Ziemlich armselig für eine ehemalige Frauenministerin.
Aber in der Familienpolitik hat sich etwas bewegt: Ich kann es nicht leugnen, hier hat Ursula von der Leyen gerade beim Thema Kinderbetreuung einiges geleistet.
Derzeit lassen einen viele männliche Reaktionen glauben, sie habe die Zwangseinweisung von Neugeborenen aus dem Kreißsaal direkt in die Kita gefordert – dabei fordert sie eigentlich nur eine Selbstverständlichkeit und die Weiterentwicklung rot-grüner Politik zum Ausbau der Kinderbetreuung.
Es gefällt mir sehr, mit welcher Vehemenz sie sich für eine Verhaltensänderung auf Seiten der Männer stark macht.
Erstaunlich, wie sehr dieser Gedanke so manch einem Alphatier offensichtlich die Hose schlottern lässt. Eine diffamierendere Medienkampagne, als die, mit der Männer derzeit mobil machen gegen das „Umerziehungsprogramm der Ministerin“, wie sie es nennen, habe ich jedenfalls bisher noch nicht erlebt.
Neben den üblichen Verdächtigen aus der FAZ haben sich dafür neue Verbündete bei Spiegel und Stern gefunden.
Die ach so aufgeklärten Männer argumentieren mit Begriffen, dass frau meinen könnte, hier sind echte Kastrationsängste im Spiel:
Da würde „die männliche Identität“ zerstört. Noch treffender kann das nur noch Eva Hermann ausdrücken, wenn sie behauptet, Hausarbeit mache die Männer krank.
Sagen wir es doch, wie es ist: Hier sollen mit allen Mitteln die Geschlechterverhältnisse restauriert werden. Vor kurzem habe ich einen Satz gelesen: „Die Existenz einer Bundeskanzlerin verstärkt die nervöse Grundstimmung der Männer, deren Überlegenheit auf der Unterlegenheit der Frauen beruht.“
Mir scheint, er passt ziemlich gut auf das Verhalten dieser Männer.
Liebe Frauen,
Derzeit ist ja die Rede von einem „Neuen Feminismus“.
Zahlreiche bekannte und durchaus erfolgreiche Frauen haben im vergangenen Jahr in der ZEIT den „Neuen Feminismus“ ausgerufen.
Sie haben gemerkt, dass eben doch nicht alles so von selber läuft wie sie lange gedacht hatten.
Ich finde diesen Aufruf gut.
Es ist ein Aufruf an alle Frauen, wieder für ihre Rechte zu kämpfen.
Und da gibt es wahrlich genug zu tun.
Jetzt komme ich doch wieder mit den ollen Kamellen.
Deutschland, diese hoch entwickelte Demokratie, ist was die Gleichberechtigung betrifft, ganz schön rückständig.
Vier Prozent weibliche Führungskräfte in Unternehmen mit über 500 MitarbeiterInnen. Keine einzige Frau in den Vorständen der Dax-30-Unternehmen.
Eine Lohndifferenz zwischen Männern und Frauen, bei der in Europa nur noch Estland und die Slowakei mithalten können.
Aber eben auch:
Fast jede dritte vollzeitbeschäftigte Frau arbeitet in Deutschland zu Niedriglöhnen, von den vielen Minijobs ganz zu schweigen.
Die Lebenslagen der Frauen sind heute also auch ungleicher geworden.
Lassen Sie uns da aber jetzt keine neuen Gräben ausheben. Lassen Sie uns weder darum streiten, welche Feministinnen die besseren sind, noch die unterschiedlichen Interessen gegeneinander ausspielen.
Die HartzIV-Empfängerin braucht die Frauenpolitik ebenso wie die Karriererefrau, die Mutter wie die Nichtmutter, die Migrantin wie die Deutsche, die Lesbe wie die Heterosexuelle.
Vielleicht ist das meine Selbstkritik des heutigen Abends: Uns gegenseitig zu kritisieren, darin waren wir schon immer gut – vielleicht zu gut.
Damit kommen wir aber nicht weiter.
Kritisieren müssen wir andere. Mir fallen da viele ein.
Aber ganz vorne steht da schon die Bundesregierung:
Denn bei aller guter Stimmung: In der Frauenpolitik herrscht Stillstand.
Die Kanzlerin und die Ministerin tun nichts für die, die trotz aller Anstrengungen an die gläserne Decke stoßen.
Nichts für die, die trotz Vollzeitarbeit ihre eigene Existenz kaum sichern können.
Und nichts für die, die Schutz vor Zwangsverheiratung oder andere Formen von Gewalt benötigen.
In anderthalb Jahren hat es hier keinerlei Initiativen gegeben. Unsere Grünen Anträge – denen sich die anderen Oppositionsfraktionen angeschlossen haben – wurden stets abgelehnt.
Eigene Initiativen aus den Regierungsfraktionen? Fehlanzeige!
In der Frauenpolitik schläft die Große Koalition einen Dornröschenschlaf, während andere europäische Länder hier an uns vorbeiziehen. Das dürfen wir nicht zulassen.
Ich bleibe trotzdem dabei: Ich spüre frischen Wind, der kommt aus verschiedenen Richtungen – wenn auch nicht aus der Richtung der Regierungsbank.
Lassen Sie uns diesen frischen Wind nutzen. Denn wenn ich mich hier umschaue, dann sehe ich viele Frauen, die mächtig sind, die wichtige Funktionen in dieser Stadt, in diesem Land einnehmen.
Nutzen wir diese Stärke, diese Energie und arbeiten wir weiter für die Gleichberechtigung.
Zum Arbeiten gehört natürlich auch das Feiern und perfekt ist, wenn sich beides verbinden lässt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen heute viel Spaß und einen perfekten Abend.
Und freue mich jetzt auf unser Kabarett: Das Generationenkomplott.
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