Menü

Zugewinnsausgleichs- und Vormundschaftsrecht

Irmingard Schewe-Gerigk


Zugewinnsausgleichs- und Vormundschaftsrecht

Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Jede dritte Ehe in Deutschland wird heute geschieden. Dass dies nicht immer reibungslos verläuft, erklärt sich von selbst. Darum muss es im Falle einer Trennung zukünftig fairer und transparenter zugehen.

Bisher konnten gut verdienende Ehemänner seelenruhig gemeinsam in der Ehe erarbeitete Vermögenswerte beiseiteschaffen, bis die Scheidung rechtskräftig wurde, oder falsche Auskunft über das Vermögen geben, um den Rest für ein Leben mit der neuen Partnerin durchzubringen. Zukünftig ist Schluss mit dem Schummeln bei der Scheidung.

Das Justizministerium hat sich mit dieser Reform, die bereits unter Rot-Grün geplant war, leider viel Zeit gelassen. Es wird Zeit, dass sie nun zum Abschluss gebracht wird. Die Reform kommt den - leider immer noch - meist finanziell schwächer gestellten Frauen zugute. Gemeinsam erworbenes Vermögen muss auch beiden Partnern zu gleichen Teilen zukommen. Soviel Gerechtigkeit sollte eigentlich selbstverständlich sein.

Der neue Entwurf geht in die richtige Richtung. Wir unterstützen die Erstreckung der Auskunftspflicht auf das Anfangsvermögen und die Verpflichtung, auf Verlangen Belege für das Anfangs- und Endvermögen vorzulegen. Das erleichtert die Feststellung und Durchsetzung des Zugewinnausgleichsanspruchs. Schließlich zählt nicht nur das Plus auf dem Konto, sondern auch das Minus.

Doch auch hier sind noch Verbesserungen möglich. Die gleichen Rechte, wie sie am Ende der Ehe bestehen, sollten auch während der Ehe eingeräumt werden. Das ist zwar zum Teil, aber nicht in vollem Umfang gegeben. Wir haben darüber schon in vergangenen Legislaturperioden mehrfach diskutiert. Dem Bundesrat ist zugutezuhalten, dass er die Debatte mit seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf nochmals anstößt. Ihm ist aber auch nichts Besseres eingefallen, als seinen alten Vorschlag noch einmal aufzuwärmen. Der Bundesrat macht hier aber nur halbe Sachen. Außerdem stellt er nicht klar, dass der Auskunftsanspruch ein höchstpersönliches Recht ist, das nicht von Gläubigern gepfändet werden kann. Auch wenn es schwierig ist, es würde sich lohnen, weiter nach einer Lösung zu suchen.

Es ist zu begrüßen, dass der Gesetzentwurf die Schulden aus der Zeit vor der Ehe berücksichtigt und damit deren - oft gemeinsam erwirtschaftete - Tilgung grundsätzlich einem Ausgleich bei Scheidung zugänglich macht. Zum Beispiel startet ein Partner nach der Ausbildung in die Selbstständigkeit, verschuldet sich und bringt diese Schulden mit in die Ehe. Nicht selten wird es die Ehefrau sein, die ihrem Mann den Rücken frei-hält, durch Mitarbeit im Betrieb oder durch eigene finanzielle Leistungen oder Verzicht dazu beiträgt, die Schulden abzubauen. Das Vermögen des Mannes, das am Ende der Ehe vorhanden ist, wird also gerechter aufgeteilt.

Aber, Frau Bundesministerin, hier muss ich doch etwas Wasser in den Wein gießen. Denn der Gesetzentwurf relativiert dieses Ergebnis erheblich. Er sieht vor, dass der ausgleichspflichtige Partner zumindest die Hälfte seines Vermögens behalten darf. Diese Kappungsgrenze bewirkt neue Ungerechtigkeiten. Die bessere Partizipation und ihre Höhe hängen davon ab, ob und wie viel Vermögenszuwachs der mitarbeitende Partner selbst erreichen konnte. Bleiben wir in dem Beispiel: Gelang es dem Ehemann, von 100 000 Euro Schulden auf ein Vermögen von 100 000 Euro zu kommen, während die Ehefrau rollenverteilungsbedingt von null auf nur 10 000 Euro kam, wird der ihr bei gleicher Teilhabe zustehende Ausgleichsanspruch von 95 000 auf 50 000 Euro gekürzt. Auch wenn wir nicht das Alleinernährermodell propagieren, muss in solchen Fällen für mehr Gerechtigkeit gesorgt werden.

Im Extremfall stehen beide bei der Scheidung vermögensmäßig bei null. Dann gibt es überhaupt keine Teilhabe des mitarbeitenden Ehepartners, obwohl möglicherweise erhebliche Schulden des anderen gemeinsam abgebaut wurden. Nun mag man darüber diskutieren, dass ein schuldenfreier Start in ein neues Leben möglich sein soll, obwohl auch hier der Teilhabegedanke durchbrochen würde. Wir haben auch bei der Unterhaltsreform die Gründung einer Zweitfamilie erleichtert. Aber ich finde, wir müssen bei der Reform des Zugewinnausgleichs nicht noch einen Startbonus auf Kosten des anderen Partners geben. Ich plädiere also dafür, dass wir in den Ausschussberatungen darüber reden, die Kappungsgrenze zumindest auf das gesamte vorhandene Vermögen zurückzuführen. So sieht es auch schon das geltende Recht vor. Bislang wird es aber nur in wenigen Konstellationen relevant, weil die anfangs bestehenden Schulden noch nicht berücksichtigt werden.

 




zurück

GRUENE.DE News

<![CDATA[Neues]]>