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Strukturreform des Versorgungsausgleichs

Strukturreform des Versorgungsausgleichs

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:

Das Wort hat die Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk von Bündnis 90/Die Grünen.

Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Verehrte Frau Ministerin, schon unter Rot-Grün haben wir mit einer Reform des Versorgungsausgleichs begonnen. Heute liegt endlich der Vorschlag vor. Das begrüße ich sehr.

Die Strukturreform des Versorgungsausgleichs bedeutet vor allem für Frauen mehr Gerechtigkeit nach der Scheidung; denn meist sind sie es, die zugunsten der Familie eine Auszeit nehmen, schon deshalb, weil sie aufgrund fehlender Kinderbetreuung gar keine andere Wahl haben. In dieser Zeit können sie folglich weder eine betriebliche noch eine private Rente aufbauen. Der Staat hat diese Formen der Altersvorsorge in den letzten Jahren gegenüber der gesetzlichen Rente massiv aufgewertet. Da finde ich es wirklich nur konsequent, dass geschiedene Frauen gleichberechtigt teilhaben, wenn in den Ehejahren Anrechte in der zweiten und dritten Säule der Alterssicherung erworben wurden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Derzeit fällt die Beteiligung der Frauen an solchen Vorsorgeformen aber in 80 Prozent der Fälle - so wird geschätzt - unter den Tisch. Erstens können sie Ansprüche dieser Art bisher erst beim Renteneintritt geltend machen. Aber wer möchte schon - die Frau Ministerin hat es vorhin bereits angedeutet - nach Jahren oder Jahrzehnten der Trennung seinen verflossenen Gatten aufsuchen, um ihn über seine genauen Altersvorsorgeansprüche auszufragen? Zweitens ist das bisherige System eines einmaligen Ausgleichs extrem fehleranfällig, weil über viele Jahre Prognosen über die Entwicklung der Rente aufgestellt werden müssen und weil die Rentenversicherer meist zu vorsichtig schätzen, um Mehrausgaben zu vermeiden. Daher ist diese Reform überfällig. Sie wird zu einer gerechteren Teilhabe beider Partner an allen Formen der Altersvorsorge führen.

Zweifel hat meine Fraktion allerdings, was den Ausschluss des Versorgungsausgleichs bei kurzer Ehedauer betrifft. Auch bei kurzer Ehedauer können durch die Rollenverteilung Nachteile entstehen, zumal viele erst heiraten, wenn Kinder da sind. Wenn wir die Statistik anschauen, erkennen wir: Das ist ein in Ostdeutschland häufig gelebtes Modell.

Passend dazu hat der Deutsche Juristentag in dieser Woche angemahnt, dass auch die Ansprüche unverheirateter Eltern gestärkt werden müssen. Das ist Ihnen ins Stammbuch geschrieben worden, Frau Ministerin. Ihre Haltung, nämlich dass, wer nach Sicherheit sucht, heiraten soll, kann ich, ehrlich gesagt, nicht recht nachvollziehen. Das passt eigentlich nicht in ein modernes Konzept. Aber das nur am Rande.

(Zuruf der Bundesministerin Brigitte Zypries)

- Genau! Darüber diskutieren wir im Ausschuss.

Zurück zur Ehe. Dass Sie die Dauer einer kurzen Ehe von drei auf zwei Jahre herabgesetzt haben, ist sicherlich ein erster guter Schritt. Trotzdem: Mütter, die die rentenrechtliche Anrechnung von Kindererziehungszeiten für die 36 Monate schon vor der Ehe aufgebraucht haben und auch während der Ehe nicht berufstätig sind, gehen so völlig leer aus.

Sie alle wissen: Das Alleinverdienermodell ist nicht das von uns bevorzugte. Aber wenn sich zwei Partner in einer Beziehung darauf geeinigt haben, dann müssen die vorhandenen Rentenansprüche nachher gerecht verteilt werden, auch wenn es sich nur um zwei Jahre handelt.Gerade für Frauen, die in ihrem Leben nur wenige Jahre berufstätig waren, können diese zwei Jahre für die spätere Rentensumme durchaus von Bedeutung sein. Auch Kleinvieh macht Mist - dies gilt auch bei der Altersvorsorge.

Es ist richtig, dass Sie den Arbeitsaufwand der Gerichte und der Versorgungsträger so klein wie möglich halten wollen. Aber der Schutz der Ausgleichsberechtigten hat im Zweifelsfall Vorrang. Ihre Idee einer Antragsklausel ist an dieser Stelle durchaus ein interessanter Kompromissvorschlag.

Auch sonst haben wir noch Diskussionsbedarf, etwa hinsichtlich der Verrechnung der Kosten, die die Versorgungsträger künftig haben werden, mit den Anrechten der beiden Ehegatten und erst recht hinsichtlich der Überlegung, auch die Kosten der externen Teilung auf die Ehepartner abzuwälzen. Dies alles können wir im Rahmen der Anhörung besprechen.

Insgesamt geht die Reform für uns Grüne aber in die richtige Richtung.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)




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