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Das Transsexuellenrecht muss grundlegend reformiert werden. Ziel der Reform muss sein, transsexuellen Menschen in Deutschland ein selbst bestimmtes Leben in Würde zu ermöglichen. Es geht um eine kleine Gruppe von Menschen. Die Probleme, die ihnen das geltende Recht bereitet, sind dagegen ziemlich groß.
Bei seiner Einführung 1981 hatte das Transsexuellengesetz große Fortschritte gebracht. Viele seiner Regelungen entsprechen aber nicht mehr dem heutigen sexualwissenschaftlichen Kenntnisstand. Auch das Bundesverfassungsgericht hat im Dezember 2005 festgestellt: „Die dem Transsexuellengesetz zugrunde liegenden Annahmen über die Transsexualität haben sich inzwischen in wesentlichen Punkten als wissenschaftlich nicht mehr haltbar erwiesen“.
Was ist zu tun? Die Zugangvoraussetzungen für das Transsexuellengesetz müssen deutlich liberalisiert werden. Das gilt sowohl für die Annahme eines Vornamens des anderen Geschlechts, die so genannte „kleine Lösung“, als auch für die personenstandsrechtliche Änderung des Geschlechts, die so genannte „große Lösung“. Das aufwändige Gutachterwesen muss reformiert werden, bürokratische Hemmnisse gehören beseitigt. Der Gesetzgeber darf transsexuelle Menschen für eine Personenstandsänderung nicht mehr auf dem Operationstisch zwingen, wenn sie darin für sich keine Notwendigkeit sehen. Das Recht muss Menschen unterstützen, selbst bestimmt ihrer Identität gemäß zu leben, anstatt sie in bürokratische Raster zu pressen.
Ein weiterer wichtiger Bereich: Transsexuellen muss es ermöglicht werden, eine rechtlich abgesicherte Partnerschaft mit der Partnerin bzw. dem Partner ihrer Wahl führen zu können. Das hat das Bundesverfassungsgericht klargestellt. Es kann auch nicht sein, dass verheiratete Transsexuelle, die sich für eine personenstandsrechtliche Änderung des Geschlechts entscheiden, von Staats wegen zur Scheidung gezwungen werden, wenn die Partner zusammenbleiben wollen. Uns müssen doch die Persönlichkeitsrechte, der Schutz des Privatlebens diese Paare wichtiger sein als Prinzipienreiterei.
Zudem müssen auch Transsexuelle mit der „kleinen Lösung“ die gleichen Möglichkeiten zu Auslandsreisen ohne Diskriminierungsgefahr erhalten wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger. Das neuerdings geltende Passrecht zwingt Transsexuelle, die ihren Vornamen nach dem Transsexuellengesetz geändert haben, mit einem Geschlechtseintrag im Reisepass zu reisen, der weder ihrer Identität noch ihrem Erscheinungsbild entspricht. Damit sind entwürdigende Diskriminierungen bei Grenzkontrollen vorprogrammiert. Die Bundesregierung hat auf unsere Anfrage hin vage in Aussicht gestellt, hier irgendwann etwas im Passrecht zu tun. Übergangsregelungen hat sie aber abgelehnt.
Aber was ist mit Menschen, die noch dieses Jahr eine Geschäftsreise unternehmen müssen? Was ist mit Menschen, die in dringenden Familienangelegenheiten ins Ausland reisen müssen? Sollen sie warten, bis sich die Bundesregierung sich dazu bequemt, endlich die Hürden für Transsexuelle zu beseitigen? Oder sollen sie Gefahr laufen, bei der Einreise peinlich befragt oder gar am Flughafen zurückgewiesen zu werden? Hier muss sofort etwas geschehen.
Es gibt mittlerweile eine ganze Sammlung von Verfassungsgerichtsurteilen, die für die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen und gegen Restriktionen im Transsexuellengesetz Stellung bezogen haben. Eine weitere Entscheidung zum Scheidungszwang für verheiratete Personen, die eine Personenstandsänderung vornehmen wollen, steht an. Wir sollten als Gesetzgeber nicht immer auf das Verfassungsgericht warten, sondern nun selbst eine grundlegende Überarbeitung in Angriff zu nehmen.
Der frühere Innenminister konnte sich für dieses Thema nie erwärmen und hat alle Reformvorstöße abgewimmelt. Wir Grüne konnten bei der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes aber immerhin das Ansinnen des Bundesinnenministers abwehren, die vom Verfassungsgericht im Dezember 2005 hinsichtlich der Ehe für verfassungswidrig erklärte Regelung zum geänderten Vornamen auf das Lebenspartnerschaftsgesetz zu übertragen. Das hat dann zumindest für heterosexuelle Transgender mit der „kleinen Lösung“ einen gewissen Fortschritt gebracht. Jetzt muss ein großer Wurf folgen, die umfassende Neugestaltung des Transsexuellenrechts.
Die jetzige Bundesregierung sah sich auf unsere Anfrage hin, nicht in der Lage, einen Zeitpunkt für die Einbringung eines Gesetzentwurfes zur Änderung des Transsexuellengesetzes zu nennen. Begründet wurde dies mit der Belastung des zuständigen Referats im Bundesministerium des Inneren mit der Reform des Personenstandsrechts.
Bei allem Verständnis für dessen Nöte, es kann den transsexuellen Bürgerinnen und Bürgern doch nicht zugemutet werden, über die weitere Zukunft des Transsexuellengesetzes möglicherweise über Jahre hinweg im Unklaren gelassen zu werden. Es handelt sich hier schließlich für die betroffenen Menschen um lebensprägende Sachverhalte, die ihre Persönlichkeitsrechte im Kern berühren. Verzögerungen können für sie verlorene Lebensjahre bedeuten.
Auch im Petitionsausschuss gibt es zahlreiche Eingaben zum Transsexuellenrecht, die zeigen, wie notwendig eine Reform ist. Erst letzte Woche hat der Petitionsausschuss einstimmig zwei Eingaben von Transsexuellen zur Partnerschaftsregelung und zum Passrecht unterstützt. Das ist ein wichtiges Signal. Ich hoffe sehr, dass wir im Parlament einvernehmlich zu einer raschen Reform des Transsexuellengesetzes kommen. Mit unserem Antrag wollen wir hierzu den Anstoß geben.
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