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Irmingard Schewe-Gerigk, Magnus-Hirschfeld-Stiftung

Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Für Bündnis 90/Die Grünen war und ist die Aufarbeitung der nationalsozialistischen Vergangenheit ein wichtiges Feld unserer Politik: das Bewahren der Erinnerung, die Würdigung der Opfer und vor allem auch die Entschädigung und die Unterstützung der überlebenden NS-Opfer. Vieles konnten wir hier schon bewegen. Ich nenne beispielhaft nur die Stiftung zur Entschädigung für NS-Zwangsarbeit.

 

Aber immer noch gibt es offene Entschädigungsfragen, sowohl was die Individualentschädigung überlebender Opfer, als auch was die Frage einer kollektiven Entschädigung in Form einer Stiftung angeht.

 

Die aktuelle Haushaltslage stellt uns leider vor die Situation, dass nicht alles Wünschenswerte auch gleichzeitig machbar ist. Von daher müssen Prioritäten gesetzt werden.

 

Im Hinblick auf eine mögliche Stiftung, die einen kollektiven Ausgleich für die Gruppe der Homosexuellen darstellen soll, muss daher zuerst das Verhältnis zur individuellen Entschädigung heute noch lebender NS-Opfer geklärt werden.

 

Es sieht so aus, dass derzeit aus dem Bundeshalt nicht beides gleichzeitig zu haben ist - Maßnahmen zur Verbesserung der individuellen Entschädigung und ein kollektiver Ausgleich.

 

Wir sehen eine moralische Verpflichtung, jetzt noch mögliche Hilfen für überlebende Opfer des Nationalsozialismus vorrangig zu behandeln. Für Bündnis 90/Die Grünen hat daher die Verbesserung von Leistungen für bislang nicht ausreichend entschädigte NS-Opfer Priorität.

 

Es geht dabei in Deutschland beispielsweise um die Gruppe der Zwangssterilisierten, denen schwerstes, lebensprägendes Unrecht zugefügt wurde, es geht um die Gruppe der "Euthanasie"-Geschädigten und es geht auch um die heute noch lebenden Menschen, die im Nationalsozialismus wegen ihrer Homosexualität verfolgt wurden.

 

Es handelt sich um hochbetagte Menschen, die oft in schwierigsten finanziellen Verhältnissen leben müssen. Wir bemühen uns um eine Verbesserung der Situation dieser Menschen. Wir befinden uns dazu in intensiven Gesprächen mit dem Bundesfinanzministerium. Nach dem aktuellen Stand der Gespräche sind wir sehr optimistisch, dass hier in Kürze Beschlüsse für substanzielle Verbesserungen zustande kommen.

 

Unsere Sorge ist, dass mit einem Beschluss über die Stiftung diese notwendigen Verbesserungen blockiert werden. Wir hatten daher die FDP gebeten, mit der Beschlussfassung über die Stiftung noch etwas zu warten, bis das Verhältnis zwischen kollektiver und noch verbesserungsbedürftiger individueller Entschädigung geklärt ist. Dem wollte die Opposition nicht folgen. Das ist schade.

 

Das Projekt einer "Magnus-Hirschfeld-Stiftung" war 2002 von CDU/CSU und FDP gemeinsam im Bundesrat zu Fall gebracht worden. Ein "window of opportunity" wurde damit mutwillig zugeschlagen.

 

2004 sehen die finanziellen Rahmenbedingungen leider anders aus. Daher kann dem Gesetzentwurf heute nicht zugestimmt werden.

 

Für Bündnis 90/Die Grünen ist das Anliegen, die nationalsozialistische Verfolgung Homosexueller in Erinnerung zu halten, damit natürlich nicht vom Tisch. Das zeigt schon der im Dezember 2003 auf Antrag der Koalitionsfraktionen zustande gekommene Bundestagsbeschluss auf Errichtung eines Denkmals für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen. Die Umsetzung des Beschlusses ist in Arbeit. Mit diesem Gedenkort wollen wir die verfolgten und ermordeten Opfer ehren, die Erinnerung an das Unrecht wach halten, ein beständiges Zeichen gegen Intoleranz, Feindseligkeit und Ausgrenzung gegenüber Schwulen und Lesben setzen.

 

Die Erforschung der Geschichte der Homosexuellen, der Kampf gegen Diskriminierung von Lesben und Schwulen, die Unterstützung von Emanzipations-, Bürgerrechts- und Menschenrechtsarbeit im In- und Ausland sind und bleiben wichtige Aufgaben. Die rot-grüne Bundesregierung ist auf diesen Feldern vielfach engagiert. Die Palette der Aktivitäten reicht vom entstehenden Denkmal bis hin zur Unterstützung schwul-lesbischer Menschenrechtsaktionen im Rahmen der letzten UN-Menschenrechtskonferenz. Wir werden Wege finden, diese Anliegen auch weiter zu befördern.

 

 



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