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Irmingard Schewe-Gerigk, BGB-Änderung

Vizepräsident Dr. Hermann Otto Solms:

 

Das Wort hat jetzt die Kollegin Irmingard Schewe-Gerigk vom Bündnis 90/Die Grünen.

 

Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

 

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorgelegte Gesetzentwurf bezieht sich auf Ehen, in denen eine traditionelle Rollenteilung zwischen den Geschlechtern besteht: Der Mann verdient das Geld, die Frau bleibt zu Hause. Der Entwurf zielt darauf ab, die Situation der nicht erwerbstätigen Ehegatten zu verbessern. Zu 75 Prozent sind das die Frauen.

 

Erfreulicherweise - da gebe ich Ihnen Recht, Frau Bätzing - hat sich innerhalb der letzten Jahre einiges zum Positiven verändert; denn zunehmend teilen vor allem jüngere Paare gleichberechtigt ihre Aufgaben und ihr Einkommen - aber eben nur die jüngeren. Dennoch ist heute noch in 27 Prozent der Ehen nur ein Ehegatte erwerbstätig, in der Regel der Mann. 1997, als der Gesetzentwurf geschrieben wurde, waren es noch 31 Prozent. Aber auch wenn dieser Trend anhält, müssen wir alles dafür tun, den partnerschaftlichen Umgang der Ehegatten miteinander zu stärken. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, hier haben wir ein gemeinsames Ziel. Jedoch bin ich mir nicht sicher, ob der von Ihnen vorgeschlagene Weg auch zielführend ist.

 

Obwohl Ehefrauen seit 1977 das Recht haben, ohne Zustimmung des Ehemannes berufstätig zu sein, übernimmt noch immer fast jede dritte Ehefrau ausschließlich Hausarbeit und Kindererziehung. In Zahlen ausgedrückt sind das in der Bundesrepublik Deutschland knapp 4 Millionen Frauen. Dies tun viele allerdings nicht freiwillig; denn Untersuchungen haben gezeigt, dass 70 Prozent der nicht erwerbstätigen Mütter gerne neben der Kindererziehung weiterhin ihrem Beruf nachgehen würden.

 

(Beifall der Abg. Ina Lenke [FDP])

 

In vielen Familien ist durch diese Aufgabenteilung auch die Dominanz in den Familien klar festgeschrieben, ganz nach dem Motto: Wer das Geld hat, hat das Sagen. Fakt ist, dass jede zweite Hausfrau mit ihrer finanziellen Beteiligung nicht zufrieden ist. Hier setzt der vorliegende Gesetzentwurf an: Er will Hausfrauen in Finanzfragen rechtlich besser stellen. Frauen sollen ein Teilhaberecht an den Einkünften des Ehegatten sowie einen Anspruch auf Auskunft über den Verdienst des Partners haben.

 

Durch das vorgesehene Teilhaberecht würde der nicht erwerbstätigen Ehegattin signalisiert, dass sie für ihren persönlichen Bedarf nicht nur Bittstellerin für ein Taschengeld ist, das ihr der Ehemann großzügig überlässt, sondern dass ihr selbstverständlich der angemessene Teil der Einkünfte zusteht. Problematisch könnte in diesem Zusammenhang jedoch die rechtliche Stellung gegenüber Gläubigern werden. Denn wird der Ehefrau ein symbolisches Teilhaberecht eingeräumt, würde es künftig Gläubigern der Ehefrau erleichtert, den Unterhaltsanspruch zu pfänden. Das müssen wir eingehend prüfen, wenn wir eine tatsächliche Verbesserung für die Frauen erreichen wollen.

 

Das zweite Element des Entwurfs, das Auskunftsanspruchsrecht der nicht verdienenden Ehegattin, schätze ich als Vorteil für die Frauen ein. Derzeit existiert ein allgemeiner Informationsanspruch über das Einkommen und das Vermögen des Ehemannes. Der Ehemann kann aber darauf verweisen, dass sein Geld seine Sache sei. Mit der Einführung eines echten Auskunftsanspruchs soll dieses Informationsdefizit der nicht verdienenden Ehefrau aufgehoben werden. Eine getrennt lebende oder geschiedene Ehegattin besitzt dieses Recht und ich sehe nicht ein, weshalb eine Ehefrau weniger Rechte haben sollte.

 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)

 

Ich frage mich aber: Was passiert konkret in der Praxis, wenn ein Mann der Ehefrau nicht sagen will, wie hoch sein Einkommen ist, oder wenn er bewusst falsche Aussagen macht? Ein Recht auf Einsicht der Bankbelege hat die Ehefrau auch nach diesem Gesetzentwurf nicht. Hier bleibt den Frauen dann nur der Weg zum Gericht. Auch wenn vielleicht nicht viele Frauen diesen Schritt wagen, so ist es doch wichtig, dass faktisch die Möglichkeit besteht. Trotzdem bin ich sicher, dass sehr viel mehr Ehefrauen entsprechende Informationen einfordern werden, wenn sie wissen, dass sie auch das Recht dazu haben. Man kann nicht von symbolischem Recht sprechen, wie es zum Teil gemacht wird. Ich glaube, es ist eine Stärkung der Frauen in dieser Situation.

 

Zusammenfassend kann man sagen: Das Ziel des Gesetzes, eine rechtliche Stärkung der nicht erwerbstätigen Ehefrauen, wird von meiner Fraktion unterstützt. Allerdings gibt es weiteren Klärungsbedarf, damit die Regelungen nicht zu einem Bumerang für die Frauen werden. Ich glaube, es wird wichtig sein, dass wir in den Ausschussberatungen mit den Berichterstatterinnen und Berichterstattern nach Wegen suchen, wie wir diesem Ziel nahe kommen.

 

Ich freue mich schon auf die Zusammenarbeit mit allen Kolleginnen des Hauses mit dem Ziel, die Rechte der nicht erwerbstätigen Ehefrauen zu stärken. Obwohl es immer weniger werden, was sicherlich erfreulich ist, bleibt dies ein wichtiges Ziel.

 

Herzlichen Dank.

 

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU und der FDP)

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