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Rede zur Entgeltgleichheit von Frauen und Männern

Entgeltgleichheit von Frauen und Männern

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Jetzt spricht Irmingard Schewe-Gerigk für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Irmingard Schewe-Gerigk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Frau Ministerin ist nicht da, sie will dieser wichtigen Debatte fernbleiben.

(Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Der Staatssekretär ist da!)

Anlässlich des Equal-Pay-Day demonstrieren morgen Frauen mit roten Taschen gegen rote Zahlen und dagegen, dass Frauen im 21. Jahrhundert immer noch 23 Pro-zent weniger Geld bekommen als Männer. Mit dem Motto "Wer etwas ändern will, muss auch handeln" sind wir angesprochen, liebe Kolleginnen und Kollegen, aber ganz besonders die Regierung. Das Regierungshandeln beschränkt sich auf das Schreiben von Pressemitteilungen und auf das Erstellen von Computerprogrammen. Es ist gut, dass die Grünen nicht mehr die Einzigen sind, die das Thema Entgeltgleichheit immer wieder auf die Tagesordnung bringen.

(Zurufe von der LINKEN)

Auch EU-Arbeitskommissar Spidla wiederholt es geradezu gebetsmühlenartig: Die Lohnunterschiede zwischen Frauen und Männern liegen in der EU bei 17 Prozent. Deutschland schafft es auf einen der hintersten Plätze mit 23 Prozent. Jetzt endlich will die EU gesetzliche Regelungen prüfen. Überfällig, kann ich da nur sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf Initiative der Grünen hatten wir im Januar eine Ausschussanhörung zu unserem Antrag zur Entgeltgleichheit. Dabei wurde deutlich, dass die extremen Lohnunterschiede in Deutschland nicht nur eine Ursache haben. Darum brauchen wir eine Vielzahl von Maßnahmen. Aber klar ist: Ohne gesetzliche Regelungen, wie wir sie fordern, wird es nicht gehen. Darum muss die Bundesregierung endlich aktiv werden. Wir Grünen fordern, die Eingruppierungskriterien in den Tarifverträgen auf Diskriminierung zu prüfen.

(Ina Lenke [FDP]: Ist doch in Ordnung!)

Hier muss der öffentliche Dienst eine Vorbildfunktion übernehmen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ina Lenke [FDP])

Wir stehen zur Tarifautonomie, aber so kann es nicht weitergehen. Arbeitgeber wie Gewerkschaften müssen diese Aufgabe endlich ernst nehmen. Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt kann nur durch die Zusammenarbeit aller Verantwortlichen erreicht werden. Da muss ich eine traurige Bilanz in diesem Hause ziehen: Die letzten vier Jahren waren frauenpolitisch eine verlorene Zeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gab nicht ein Gesetz zum Thema Frauenrechte, Sie haben nicht einen Gesetzentwurf vorgelegt. Unsere Anträge haben Sie ständig abgelehnt. Ein gesetzlicher Mindestlohn wäre ein sinnvoller Schritt zur Verringerung des Lohngefälles. Immerhin würde davon jede vierte Frau profitieren. Das heißt, jede vierte Frau verdient weniger als 7,50 Euro. Wir brauchen aber auch ein Verbandsklagerecht, damit Arbeitnehmerinnen gegen kollektive Lohndiskriminierungen nicht immer nur individuell klagen müssen. All diese Forderungen haben Sie am Mittwoch im Ausschuss abgelehnt. Von Ihnen kam nicht ein einziger Vorschlag.

Es gibt noch einen anderen Ursprung der Schieflage: Bei uns hapert es schlicht und einfach an der Veränderung der Geschlechterrollen. Auch im Jahr 2009 ist die Forderung nach einer gerechten Aufteilung von Haus- und Familienarbeit zwischen Frauen und Männern so aktuell wie eh und je. Der europäische Mann arbeitet im Schnitt sechs Stunden im Haushalt, die Frau 25 Stunden. Deutschland hat einen extrem hohen Anteil von Frauen, die Teilzeit arbeiten. Warum? Weil unsere Kinderbetreuung, unser Schulsystem und selbst unsere Versorgung der alten Menschen darauf basieren, dass Frauen einspringen.

In diesem Zusammenhang werde ich bei einem Blick in die USA ganz neidisch. Das erste Gesetz, das Präsident Obama nach seinem Amtsantritt unterzeichnete, der Fair Pay Act, soll dort eine faire Bezahlung sicherstellen. Es wäre schön, wenn so etwas auch bei uns zustande käme.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Johannes Singhammer [CDU/CSU]: Sie waren doch sieben Jahre an der Regierung!)

In unserem Land scheint das Thema Geschlechtergerechtigkeit nur in Zeiten des Wahlkampfs auf der Agenda zu stehen. Ich muss jetzt die Kollegin von der SPD ansehen: Dass Franz Müntefering im Wahlkampfgetöse fordert, dass die Entgeltgleichheit sogar ins Grundgesetz geschrieben wird, ist bestenfalls scheinheilig. Dass morgen der SPD-Generalsekretär vor dem Brandenburger Tor gegen ungleiche Löhne demonstrieren wird, das halte ich nun wirklich für eine Dreistigkeit. Demonstriert er eigentlich gegen sich selbst? Sie sind in der Regierung, Sie hätten etwas machen können, und jetzt demonstrieren Sie da.

Die Ministerin hat heute ein Computerprogramm vorgestellt, das die Firmen freiwillig anwenden können. Ich glaube, mit diesem Computerprogramm werden wir nicht für Lohngerechtigkeit sorgen können. Wir sehen kein konkretes Handeln. So kann es nicht weitergehen. Regieren via Pressemitteilung ist zu wenig. Tun Sie endlich Ihre Arbeit!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

 

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