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Geschlechtergerechtigkeit bleibt zentrale Voraussetzung für Entwicklung – Zehn Jahre nach der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking

 

 

 

Der Bundestag wolle beschließen:

Geschlechtergerechtigkeit bleibt eine zentrale Herausforderung des 21. Jahrhunderts,

sie ist die Grundlage für eine demokratische Gesellschaft. Ohne die

Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen und Männern ist jede Demokratie

unzureichend. Im vergangenen Jahrhundert haben die Frauenbewegungen

der Welt viel erreicht, vom Wahlrecht bis zur Anerkennung von Frauenrechten

als Menschenrechte. Die Länder der nördlichen Halbkugel sind trotz aller Fortschritte

noch weit von einer Gleichstellung von Frauen und Männern entfernt,

die Frauen in den Entwicklungsländern aber haben verstärkt mit Rechtlosigkeit

und Gewalt, mit fehlender politischer Partizipation und eingeschränktem Zugang

zu Qualifizierung und ökonomischen Ressourcen, mit mangelnder medizinischer

Versorgung und prekären Arbeitsbedingungen zu kämpfen. Die Stärkung

der Rechte der Frauen ist daher eine zentrale Voraussetzung für die Entwicklung

unserer Partnerländer und für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung.

Auf globaler wie auf nationalstaatlicher Ebene wurden in der zweiten Hälfte des

20. Jahrhunderts neue rechtliche und institutionelle Instrumentarien geschaffen,

um Menschenrechtsverletzungen an Frauen zu verhindern. Die „Konvention zur

Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau“ (CEDAW) der UN aus

dem Jahr 1979, das grundlegende und weit reichende völkerrechtliche Übereinkommen

zum Schutz der Rechte der Frauen in allen Lebensbereichen, haben

mittlerweile 179 der 191 UN-Mitgliedsstaaten ratifiziert. CEDAW gibt Frauen

und Frauenorganisationen in den jeweiligen Ländern Instrumente in die Hand,

um ihre Rechte wahrzunehmen und durchzusetzen. Das Zusatzprotokoll zur

Frauen-Antidiskriminierungskonvention, in dem das Individualbeschwerderecht

festgeschrieben wurde, ist seit 2000 in Kraft.

Drucksache 15/5031 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Im September 1995 hat die 4. UN-Weltfrauenkonferenz in Peking die volle

Gleichberechtigung der Frauen weltweit gefordert. Sie hat betont, dass Frauenrechte

Menschenrechte sind, und jede Gewalt gegen Frauen verurteilt. Sie hat

die Beteiligung von Frauen in Entscheidungsprozessen gefordert, um Diskriminierung

und Benachteiligung zu beseitigen.

Die Weltfrauenkonferenz in Peking hat festgestellt, dass reine Frauenförderung

nicht genügt, um zur Geschlechtergerechtigkeit zu kommen. In einer Aktionsplattform

hat sie daher zwei Strategien zusammengefasst: Empowerment-Maßnahmen

(Machtgleichstellung), die gezielt Frauen fördern und unterstützen,

damit sie in der Gesellschaft an Einfluss gewinnen, und Gender Mainstreaming,

eine Querschnittsstrategie mit dem Ziel, die Geschlechterperspektive in alle

Politikfelder zu integrieren, um eine gleiche Teilhabe beider Geschlechter auf

allen Ebenen der Gesellschaft und in allen politischen, wirtschaftlichen und

gesellschaftlichen Prozessen zu realisieren. Während es sich bei CEDAW um

ein rechtlich verbindliches Instrument handelt, hat die Aktionsplattform einen

rein deklaratorischen Charakter. Allerdings wurde die Bedeutung von CEDAW

durch die Beschlüsse der Konferenz in Peking aufgewertet.

Ein weiterer wichtiger Ansatz auf dem Weg zur Geschlechtergerechtigkeit und

Bestandteil von Gender Mainstreaming ist das Gender Budgeting, die geschlechtergerechte

Budgetpolitik. Staatseinnahmen und -ausgaben werden hinsichtlich

ihrer Auswirkungen auf Frauen und Männer analysiert, Veränderungen in der

Haushaltspolitik sollen die Folge sein. In einigen Staaten wie Australien, Südafrika

oder Großbritannien gibt es schon seit Jahren eine solche nach Geschlecht,

Zugang zu öffentlichen Mitteln und Wirkung aufgeschlüsselte Bugdetanalyse.

Bei einer von OECD, UNIFEM, Nordischem Rat und dem damaligen EU-Vorsitzland

Belgien veranstalteten Konferenz 2001 in Brüssel wurde gefordert, dass

es bis zum Jahr 2015 in jedem Land der Welt Gender Budgets geben soll.

Weltweit leben rund 1,3 Milliarden Menschen in extremer Armut. Auch wenn

genaue Zahlen nicht vorliegen, belegen empirische Studien, dass besonders

Frauen von extremer Armut betroffen sind. Auch steigt ihre absolute Zahl deutlich

schneller als die der Männer. Vor diesem Hintergrund ist die Notwendigkeit

der Umsetzung der Millenniums-Entwicklungsziele (Millenium Development

Goals) zur Armutsbekämpfung, zur Verbesserung der Gesundheit der Mütter,

zur Verringerung der Kindersterblichkeit, zur Verbesserung der Grundschulausbildung

und vor allem zur Gleichstellung der Geschlechter als ein konkret quantifizierbarer

Schritt auf demWeg zur Realisierung der Geschlechtergerechtigkeit

zu sehen.

Die Frauenkonferenz in Peking hatte einen Zeitrahmen von zehn Jahren für die

Abschaffung aller diskriminierenden Gesetzgebungen gesetzt. Im Jahr 2005

sollte Bilanz gezogen werden, wie es um Gleichberechtigung und Gleichstellung

von Frauen steht. Für die Länder des Südens ergibt sich dabei ein differenziertes

Bild. Zehn Jahre nach Peking kann festgestellt werden, dass Verbesserungen

hinsichtlich des Problembewusstseins für die Verletzung der Menschenrechte

von Frauen stattgefunden haben. Fortschritte sind z. B. in Afghanistan und Marokko

zu erkennen, wo im Jahr 2003 das Familienrecht grundlegend reformiert

wurde. Gleichzeitig muss konstatiert werden, dass sich in anderen Ländern die

negative Situation hinsichtlich der Menschenrechte von Frauen verfestigt hat

oder gar starke Rückschritte zu verzeichnen sind, vor allem infolge kriegerischer

Auseinandersetzungen und des Erstarkens konservativer und religiös-fundamentalistischer

Bewegungen. Trotz Selbstverpflichtung der Staatengemeinschaft

zur Verbesserung der Lebenssituation von Frauen wollen verschiedene

Staaten die Ergebnisse der Peking-Konferenz mittlerweile revidieren. Auch

wird es immer schwieriger das normative Gerechtigkeitsargument gegen das

neoliberale Effizienzdenken durchzusetzen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5031

Viele Frauen gerade in den Entwicklungsländern gehören zu den Verliererinnen

der globalen wirtschaftlichen Umstrukturierungsprozesse. Die Frauenerwerbsarbeit

hat vor dem Hintergrund der Globalisierung zwar zugenommen, oft aber

handelt es sich um gering entlohnte, niedrig qualifizierte, ungeregelte und ungeschützte

Arbeitsverhältnisse. Die wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten zwischen

den Geschlechtern haben sich auf Grund der Unsicherheiten, die für Frauen aus

der Zunahme von informeller Arbeit und Privatisierungsprozessen erwachsen,

in vielen Teilen der Welt erhöht. Führungspositionen in der Wirtschaft sind in

den Ländern des Südens nicht nur überwiegend, sondern fast ausschließlich in

Männerhand. Auch der Standortwettbewerb geht zu Lasten der Frauen: Sie werden

als Arbeitsmarktreserve und als billige Arbeitskräfte missbraucht. Wirtschaftskrisen

und wirtschaftliche Umbrüche führen häufig zu Armutsmigration,

Frauenhandel und Zwangsprostitution.

Der Globalisierungsprozess verstärkt zudem die wirtschaftliche und soziale Differenzierung

unter den Frauen, abhängig von ethnischer Herkunft und Klassenzugehörigkeit.

Für gut ausgebildete Frauen bedeutet Globalisierung neue Chancen

und Aufstiegsmöglichkeiten in der Wirtschaft: Studien aus Hongkong, Singapur,

Europa und Nordamerika zeigen, dass hoch bezahlte Frauen bereit sind

Hausarbeit und Kinderversorgung auf niedrig bezahlte, zumeist weibliche Hausangestellte

und Migrantinnen übertragen.

In den letzten 20 Jahren sind vor allem in den Bereichen Bildung und Gesundheit

von Frauen Erfolge erzielt worden. Die Zahl der Frauen und Mädchen, die

lesen und schreiben gelernt haben, hat zugenommen, z. B. haben Mädchen und

Jungen in Lateinamerika inzwischen den gleichen Zugang zu elementarer Schulbildung.

Im Nahen Osten und in Nordafrika hingegen ist die Ungleichheit nach

wie vor groß, dramatisch ist die Situation in Subsahara-Afrika und in Südostasien.

Nach einer Schätzung der UNESCO sind trotz Fortschritten zwei Drittel

der Analphabeten auf derWelt weiblich. International ist es andererseits bemerkenswert,

wie gerade in Schwellen- und Entwicklungsländern die wirtschaftliche

Stärkung von Frauen im IT-Bereich über internationale Organisationen und

bilaterale Entwicklungszusammenarbeit gefördert wird.

Laut demWeltbevölkerungsbericht 2004 hat sich die Müttersterblichkeit seit der

Kairoer Weltbevölkerungskonferenz 1994 kaum verändert. Komplikationen bei

der Geburt gehören in Entwicklungsländern nach wie vor zu den Haupttodesursachen

von Frauen zwischen 15 und 49 Jahren. Das Risiko einer Frau, während

der Schwangerschaft oder Geburt zu sterben, steigt mit zunehmender Armut. In

Westafrika stirbt jede zwölfte Frau an den Folgen von Schwangerschaft oder Geburt.

Die meisten Fälle von Müttersterblichkeit wären bei fachlicher Betreuung

und Geburtsnothilfe leicht zu verhindern. Weltweit gehen ein Fünftel aller Todesfälle

und Krankheiten auf das Konto mangelnder reproduktiver Gesundheitsversorgung.

Obwohl sich die Angebote zur Familienplanung erheblich verbessert

haben, haben ungefähr 200 Millionen Frauen noch immer keinen Zugang zu

modernen Verhütungsmitteln. Laut Experten wird der Bedarf an Verhütungsmitteln

in den Entwicklungsländern bis 2015 um 40 Prozent steigen. Die Gesundheit

von Frauen ist nach Angaben der Aids-Organisation der Vereinten Nationen

UNAIDS außerdem durch die Verbreitung von HIV/Aids gefährdet, aus biologischen

Gründen, aber auch wegen zunehmender Unterdrückung und Gewalt.

Weltweit haben sich im vergangenen Jahr rund 4,9 Millionen Menschen mit

Aids infiziert, der Anteil der Frauen nimmt überproportional zu. Den meisten

Betroffenen steht keine ausreichende Versorgung mit Medikamenten zur Verfügung.

Nach wie vor gibt es zu wenig Angebote zur Familienplanung und zur reproduktiven

Gesundheit, viele Frauen haben keinen Zugang zu Verhütungsmitteln oder

können deren Anwendung nicht durchsetzen (Bundestagsdrucksache 15/3812).

Drucksache 15/5031 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Gewalt gegen Frauen ist weltweit nach wie vor stark verbreitet. Gerade in Zeiten

gesellschaftlicher Umbrüche und Krisen nimmt die Gewalt gegen Frauen zu. Ein

großer Teil von Menschenrechtsverletzungen gegen Frauen kann unter dem

Begriff „Sexuelle Gewalt“ subsumiert werden. Viele Frauen werden in Kriegen

zu Opfern von Vergewaltigungen. Frauen werden zu Opfern der so genannten

Ehrverbrechen (honor crime) z. B. in der Türkei, in Jordanien, Saudi-Arabien,

Marokko und Pakistan. In rund 28 afrikanischen Ländern (z. B. im Sudan, in

Somalia, Äthiopien und Kenia), aber auch in einigen arabischen und asiatischen

Ländern (z. B. im Jemen, in einigen Ethnien in Oman, in Indonesien und Malaysia)

werden Frauen durch Genitalverstümmelung gequält und lebenslang verstümmelt.

Laut demWeltbevölkerungsbericht 2000 hat jede dritte Frau sexuelle

Gewalt oder andere Formen von Gewalt erleben müssen. Laut der International

Organization of Migration werden jährlich rund zwei Millionen Menschen zu

Opfern des Menschenhandels; mehrheitlich Frauen und Kinder werden in die

Ehe, Prostitution oder Sklaverei verkauft – häufig auf globalen Handelswegen

vom Süden in den Norden, vom Osten in den Westen. Die Zahl der Vergewaltigungen

und anderer sexueller Misshandlungen von Frauen nimmt weltweit zu.

Schätzungen von UN und Weltbank gehen davon aus, dass durch Unterdrückung,

Verfolgung und verschiedene Formen tödlicher Gewalt gegen Frauen in

der Familie weltweit zwischen 60 und 100 Millionen weniger Frauen leben als

auf der Basis von Bevölkerungsstatistiken zu erwarten gewesen wäre. Bestimmte

weibliche Bevölkerungsgruppen sind besonders verwundbar: Dazu

zählen Frauen aus ethnischen Minderheiten, aus unteren sozialen Schichten, indigene

Frauen, Migrantinnen, Flüchtlingsfrauen, Frauen in Krisen- und Kriegsgebieten,

Frauen mit Behinderungen.

Der Zugang von Frauen zu politischen Entscheidungspositionen und ihr Anteil

in den Parlamenten ist weltweit gestiegen. Dennoch haben nur wenige Länder

das Ziel einer Beteiligung von Frauen an den politischen Positionen in Höhe von

30 Prozent erreicht, das der Weltaktionsplan der 4. UN-Weltfrauenkonferenz in

Peking und anderer UN-Gremien gesetzt hat. Der Anteil von Frauen in Regierungsämtern

liegt weltweit sogar nur bei 8 Prozent.

Demgegenüber ist das mutige Engagement vieler Frauen in der Zivilgesellschaft,

z. B. von Friedensaktivistinnen in Israel und Palästina und anderen Konfliktregionen,

wie z. B. Tschetschenien oder von Frauen in Entwicklungsländern,

die Frauenhäuser und Projekte zum Schutz von Frauen vor Gewalt aufbauen

oder sich in Gewerkschaften und anderen Nichtregierungsorganisationen

für eine Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen engagieren, hervorzuheben.

Dass dieses Engagement von Frauen inzwischen weltweit anerkannt wird, zeigte

die Verleihung des Friedensnobelpreises 1992 an Rigoberta Menchu aus Guatemala,

die sich für die Ureinwohner ihres Landes einsetzt, sowie an die Umweltund

Frauenrechtlerin Wangari Maathai aus Kenia im vergangenen Jahr.

Die Förderung von Frauen ist bereits seit langem zentraler Bestandteil der biund

multilateralen Entwicklungszusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland.

Seit 1999 hat die Bundesregierung die klassische Frauenförderung zum

Gender-Mainstreaming als Querschnittsstrategie weiterentwickelt. In allen Projekten

der bi- und multilateralen Entwicklungszusammenarbeit wird daher die

Gleichberechtigung und Gleichstellung von Frauen und Männern eingefordert.

Die Bundesregierung unterstützt außerdem Maßnahmen, durch die Frauen Verfügungsrechte

über Ressourcen wie Land, Kapital und Bildung erhalten. Dabei

stehen die Bedürfnisse und die Partizipation der Menschen in den Partnerländern

sowie die Orientierung an den Gegebenheiten im Vordergrund, da die Diskriminierung

und Benachteiligung von Frauen ein gesellschaftliches Problem ist und

nur von Frauen und Männern gemeinsam gelöst werden kann.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/5031

I. Der Deutsche Bundestag begrüßt,

l die Arbeit von Nichtregierungsorganisationen, Gewerkschaften, politischen

Stiftungen sowie kirchlichen und anderen Organisationen, die sich für die

Rechte und für die Verbesserung der Lebensbedingungen von Frauen einsetzen;

l dass die Bundesregierung nach der 4. Weltfrauenkonferenz zwischen 1996

und 2000 im Rahmen der bilateralen Technischen Zusammenarbeit rund

40 Mio. US-Dollar für die rechts- und sozialpolitische Beratung von Frauen

zur Verfügung gestellt hat;

l dass die Bundesregierung im Jahr 2003 im Rahmen der Technischen und

Finanziellen Zusammenarbeit Projekte in Höhe von 1,586 Mrd. Euro finanziert

hat, die neben dem jeweiligen Projekthauptziel auch die Gleichberechtigung

und Gleichstellung von Frau und Mann fördern;

l dass die Bundesregierung im Rahmen der Technischen und Finanziellen

Zusammenarbeit im Zeitraum von 2000 bis 2004 rund 124,6 Mio. Euro für

bilaterale Projekte zur Förderung der Gleichberechtigung der Geschlechter in

den Bereichen Governance, Gesundheit, Bildung, Mikrofinanzierung und

Soziale Sicherheit zugesagt hat;

l dass die Bundesregierung den Entwicklungsfonds der Vereinten Nationen für

Frauen (UNIFEM) mit einem jährlichen zweckgebundenen Zuschuss in

Höhe von 818 000 Euro unterstützt;

l dass die Bundesregierung ab 2005 den Arab Regional Trust Fund for the

Empowerment ofWomen, ein Vorhaben in den Ländern Marokko, Tunesien,

Libyen, Algerien, Ägypten, Jemen, Saudi Arabien und Jordanien, mit

840 000 Euro unterstützt;

l dass Geschlechtergerechtigkeit auch im Rahmen der Millenniums-Entwicklungsziele

und des Aktionsplanes 2015 der Bundesregierung eine wesentliche

Rolle spielt und in diesem Rahmen zwischen Juli 2003 und Dezember

2005 Mittel für Maßnahmen zur Bekämpfung des Frauenhandels in Höhe von

2 Mio. Euro zur Verfügung gestellt wurden;

l dass die Bundesregierung im Rahmen des „Entwicklungspolitischen Aktionsplanes

für Menschenrechte 2004 bis 2007“ die Lage von Frauen und Mädchen

besonders berücksichtigt.

Der Deutsche Bundestag hat zu den Fragen der Gleichstellung im internationalen

Kontext mit zahlreichen Beschlüssen Stellung genommen, so im Entschließungsantrag

anlässlich der Beratung des „Fünften Berichtes der Bundesrepublik

Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder

Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW)“ (Bundestagsdrucksache

15/599) sowie mit den Anträgen „Auf demWege zur Erreichung der Millenium

Development Goals (MDGs) – Probleme bei der Zielerreichung erkennen und

bewältigen“ (Bundestagsdrucksache 15/1005), „Globale Bekämpfung von HIV/

Aids intensivieren“ (Bundestagsdrucksache 15/2408) und „Weltbevölkerung

und Entwicklung – zehn Jahre nach Kairo“ (Bundestagsdrucksache 15/3812)

und mit den Anträgen zumWelthandel (Bundestagsdrucksachen 15/224, 15/576

und 15/1317), die sich auf die Ergebnisse und Empfehlungen der Enquete-

Kommission des Deutschen Bundestages ‚Globalisierung der Weltwirtschaft –

Herausforderungen und Antworten‘ (Bericht Bundestagsdrucksache 14/9200)

beziehen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

1. im Rahmen der Verwirklichung der Millenniums-Entwicklungsziele und

der Umsetzung des Aktionsplanes 2015 der Bundesregierung, die Partner-

Drucksache 15/5031 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

bzw. Entwicklungsländer verstärkt bei der Bildung und beruflichen Qualifizierung

von Frauen und Mädchen, der Förderung der reproduktiven Gesundheit,

bei Maßnahmen zur rechtlichen Gleichstellung, zum Zugang zu

produktiven Ressourcen und Dienstleistungen, zu Eigentum, Landbesitz sowie

Kredit- und Mikrofinanzierungssystemen zu unterstützen, außerdem die

Umsetzung von Gender Mainstreaming und Empowerment in der Entwicklungszusammenarbeit

zu intensivieren, die Aufstellung von Gender Budgets

zu unterstützen, den Anteil genderrelevanter Projekte und spezifische Gender-

Vorhaben zu erhöhen, Mittel für Fachexpertisen zur Überprüfung der

Wirkung aller Projekte und Programme, ob sie dem Ziel der Gleichberechtigung

und Gleichstellung von Mann und Frau dienen, bereitzustellen;

2. auf der UN-Generalversammlung im Herbst 2005 im Rahmen der Berichte

über das Erreichen der Millenniums-Entwicklungsziele Geschlechtergerechtigkeit

als zentrale Voraussetzung für Entwicklung zu thematisieren, der

Bilanz über die Umsetzung der Aktionsplattform der 4. UN-Weltfrauenkonferenz

in Peking einen prominenten Platz einzuräumen und sich gegen Versuche

einer Relativierung der gefassten Beschlüsse einzusetzen;

3. die Entwicklungsländer darin zu unterstützen, die Aufklärung über HIV/Aids

und andere sexuell übertragbare Krankheiten zu verbessern, Jugendliche

frühzeitig an die entsprechenden Informationen und Mittel hinzuführen und

Männer als Zielgruppe in die Aids-Prävention verstärkt einzubeziehen;

4. sich dafür einzusetzen, dass der Zugang zu einer selbst bestimmten Familienplanung

einschließlich der erforderlichen Kenntnisse allen Menschen

ermöglicht wird;

5. die Schlüsselrolle von Frauen in der Armutsbekämpfung anzuerkennen, auf

multilateraler und europäischer Ebene auf die vereinbarte verbindliche Einbeziehung

von Frauen in die Erstellung nationaler Armutsbekämpfungsstrategien

der Entwicklungs- bzw. Partnerländer hinzuwirken und die Länderstrategien

der deutschen Entwicklungszusammenarbeit stärker mit den

Zielen und Empfehlungen der Pekinger Aktionsplattform zu verknüpfen;

6. den Zugang zu sauberem Trinkwasser und moderner Energie in den Partnerländern

zu fördern, um dadurch gerade Mädchen und Frauen, die in traditionellen

Gesellschaften für die Organisation des Haushalts verantwortlich

sind, ein Zeitfenster für Bildung und Weiterentwicklung zu eröffnen;

7. die Erforschung des Geschlechterverhältnisses in den Entwicklungsländern

zu intensivieren, stärker zu vernetzen und Wissenschaftlerinnen und Forschungsprojekte

an den Universitäten im In- und Ausland verstärkt zu fördern;

8. die Länderinformationen des Auswärtigen Amtes und des Bundesministeriums

für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung in Zukunft um

die Lebensbedingungen von Frauen, ihre Stellung in Politik und Gesellschaft

und ihre rechtliche Situation grundsätzlich zu erweitern;

9. jegliche Form der Diskriminierung von Frauen und Mädchen zu verurteilen,

die Regierungen der Entwicklungsländer zur Ahndung und Bestrafung der

so genannten Ehrenmorde, von Genitalverstümmelung, Vergewaltigungen,

von psychischer Gewalt und allen anderen Verletzungen von Frauenrechten

aufzurufen;

10. sich für eine konsequente Umsetzung der CEDAW in allen Partnerländern

und für eine weltumspannende Öffentlichkeitsarbeit über CEDAW einzusetzen

sowie entsprechende Projekte in den Partnerländern zu unterstützen,

damit die Frauenorganisationen und Frauen vor Ort erfahren, welche Rechte

und Möglichkeiten sie haben, um gegen die Verletzung ihrer Menschenrechte

zu klagen;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/5031

11. die Länder, die CEDAWnoch nicht ratifiziert haben (darunter die USA, Iran,

Qatar, Sudan, Somalia) zu ermutigen, das Übereinkommen zu ratifizieren;

12. die UN-Resolution 1325 vom 31. Oktober 2000 konsequent umzusetzen

und Frauen auf allen Ebenen an der Verhinderung von Kriegen, der Beilegung

von Konflikten und an friedenserhaltenden Maßnahmen zu beteiligen

sowie zivilgesellschaftliche Initiativen, die zur Umsetzung der Resolution

beitragen, zu unterstützen;

13. sich verstärkt für die Bekämpfung des Frauenhandels einzusetzen, die Täter

zu bestrafen, die Opfer zu betreuen und sie darin zu unterstützen, sich eine

neue Existenzgrundlage aufbauen zu können;

14. verstärkt Frauenverbände, Gender-Projekte und engagierte Frauen in den

Partnerländern zu unterstützen, die sich für Opfer von Gewalt, für Frauenrechte,

Gleichstellung und Verbesserung der Lebensbedingungen von

Frauen stark machen;

15. auf Geschlechtergerechtigkeit und geschlechtsspezifische Kohärenz bei internationalen

Verhandlungen hinzuwirken und für eine Gender-Agenda in

der WTO, Weltbank und Internationalem Währungsfonds einzutreten; sich

bezogen auf die laufendeWelthandelsrunde für die Einhaltung internationaler

Umwelt- und Sozialabkommen und -konventionen und eine verbesserte

Zusammenarbeit zwischenWTO, ILO, UNEP, Bretton-Woods-Institutionen

und Institutionen des UN-Systems einzusetzen. Der Deutsche Bundestag

verweist an dieser Stelle auf die Beschlüsse ‚Sicherung eines fairen und

nachhaltigen Handels durch eine umfassende entwicklungsorientierteWelthandelsrunde‘

(Bundestagsdrucksache 15/1317) und ‚GATS-Verhandlungen

– Transparenz und Flexibiltät sichern‘ (Bundestagsdrucksache 15/576);

16. im Rahmen der Förderung privatwirtschaftlicher Aktivitäten und bei der

Unterstützung deutscher Unternehmen im Ausland verstärkt auf den Abbau

von wirtschaftlichen Diskriminierungen von Frauen sowie auf die Durchsetzung

von Sozialstandards hinzuwirken und die Einhaltung der OECD-Verhaltenskodizes

für multinationale Unternehmen und anderer entsprechender

Vereinbarungen insbesondere in Entwicklungsregionen und in Sonderwirtschaftszonen

verbindlich einzufordern;

17. Medienprojekte sowie Journalistinnen und Journalisten in den Partnerländern

zu unterstützen, die als Multiplikator(inn)en die stereotype Darstellung

von Frauen und Männern hinterfragen und die Diskriminierung von Frauen

thematisieren;

18. die Zusammenarbeit und den Dialog mit Nichtregierungsorganisationen, die

sich in Deutschland für Frauenrechte in den Entwicklungsländern einsetzen,

zu intensivieren;

19. die deutsche Öffentlichkeit mit einer engagierten Öffentlichkeitsarbeit verstärkt

für die Lebensbedingungen und die rechtliche Situation von Frauen in

Entwicklungsländern zu sensibilisieren;

Berlin, den 9. März 2005

Franz Müntefering und Fraktion

Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

Gesamtherstellung: H. Heenemann GmbH & Co., Buch- und Offsetdruckerei, Bessemerstraße 83–91, 12103 Berlin

Vertrieb: Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Amsterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 83 40, Telefax (02 21) 97 66 83 44

ISSN 0722-8333

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